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Ars moriendi - Ars vivendi

Sterben als letzte Chance des Lebens?

Nordhofen, Eckhard / Ramb, Martin W
Erschienen am 26.03.2004, 1., Aufl.
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783921221167
Sprache: Deutsch
Umfang: 68
Format (T/L/B): 29.0 x 21.0 cm

Beschreibung

n 10 Jahren gucken wir uns alle die Graswurzeln von unten an“ – Originalton einer betagten Ordensfrau, die vollkommen frei von Larmoyanz und Verzweifelung den eigenen Tod bespricht und Planungen, die über ihn hinaus gehen, in großer Gelassenheit angehen kann. Das gefällt mir! Genauso wie die Verabredung, die mir neulich jemand anbot: „Das besprechen wir einmal in 100 Jahren auf Wolke Nummer 7. Dann sehen wir, wer von uns beiden Recht hatte!“ In die Zukunft können wir nicht sehen, aber dass wir in 100 Jahren alle tot sind, davon können wir mit Sicherheit ausgehen. Dann wird wohl der Limburger Dom noch stehen, ein anderer Bischof andere Sorgen haben, andere Lehrer andere Kinder unterrichten – vielleicht, wahrscheinlich, hoffentlich. Nicht alle Hoffnungen und Wünsche in der mit jedem Geburtstag knapper werdenden befristeten Lebenszeit unterbringen zu müssen, das ist in der Tat erlösend. Was aber, wenn das nicht stimmt? Wir haben die Wahl: Die „Alternative“ wäre ein gottloses Schicksal oder ein Gott wie ihn Nietzsche uns vorstellt, einer der sich langweilt und zur Unterhaltung seiner endlosen Ewigkeiten ein Menschengeschlecht mit Hoffnungen und Sehnsüchten erschafft. Wir müssten mit der Kränkung leben, eine gegen Unendlich strebende Weltzeit auszuhalten, die vom Urknall bis zum Wärmetod der Welt „alle Zeit der Welt“ umgreift, in vollem Bewusstsein, dass wir aus dieser unendlichen Zeit nur eine winzige Spanne zugemessen bekommen, die uns auch noch unter den Händen mit den Jahren zerrinnt, – je älter wir werden, umso schneller. Wie waren unsere Kindersommer doch so lang, und wie erschrecken wir jedes Mal, wenn schon wieder bei „Aldi“ die ersten Stollen und Weihnachtslebkuchen auftauchen. Wie ist es da doch für unsere Seelenruhe so heilsam, den Stachel des Todes wegzuglauben. Es ist einfach für unsere psychische Wellness besser, es lebt sich gesünder, gläubig zu sein. Christliche Gelassenheit ist gewiss auch gut gegen Herzinfarkt und Stress. Aber die christliche Hoffnung darf nicht zum funktionalen Seelenbalsam verkommen. Ein Denken, das kalkulierend einen trostreichen Standpunkt bezieht, wird sich selbst zerstören. Wer den Glauben mit einer Placebo-Pille verwechselt, hat ihn noch nicht geschenkt bekommen. Wir dürfen uns durchaus freuen, wenn uns der Glaube an das unzerstörbare Leben die Angst vor dem Tod nimmt. Aber wehe, wenn der Glaube zum Instrument der Angstbeseitigung gemacht wird. Gibt es eine Ars moriendi, eine Kunst des Sterbens? Was wir einüben können, ist das Loslassen. Wer es ausprobiert, wird feststellen, wie es ihn bereichert.

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