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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783832180775
Sprache: Deutsch
Umfang: 150 S., 50 farbige Illustr., 36 Vignetten in Farbe
Format (T/L/B): 2.2 x 25.3 x 16.7 cm
Einband: Leinen

Beschreibung

Rot, rosé oder weiß? In diese drei Kategorien lässt sich jede Abendgesellschaft einteilen. Der Wein, diese Fürstin unter den Getränken, hat noch immer eine Aura, die Emporkömmlinge wie Prosecco kalt abperlen lässt. Vom kleinen Hellen ganz zu schweigen. Wiglaf Drostes trockener Humor, die fruchtigen Rezeptideen Vincent Klinks und Nikolaus Heidelbachs liebliche Illustrationen runden sich zu einem wahrhaft erlesenen Bouquet - ohne Wacholdernote, zarten Abgang und all den Schnickschnack. Von der Traube bis zur Kelter, vom Korken bis zum Abendmahl erforschen die drei Musketiere des guten Geschmacks die selige Welt des Weins. Garantiert ungeschwefelt. Prosit!

Autorenportrait

Wiglaf Droste ist Dichter, Gelegenheitssänger und Vorleser, er lebt unterwegs oder in Leipzig. 2003 wurde ihm für seine >Verbindung aus grobem Ton und feinem Stil< der Ben-Witter-Preis verliehen, 2005 der Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis. 2009 war er Stadtschreiber zu Rheinsberg. Seit 1999 gibt er zusammen mit Vincent Klink die kulinarische Kampfschrift >Häuptling Eigener Herd< heraus. Bei DuMont veröffentlichte er zusammen mit Nikolaus Heidelbach und Vincent Klink die Bände >Wurst< (2006), >Weihnachten< (2007), >Wein< (2008), >Wild< (2010), >Gemüse< (2011) und >Liebe< (2012). Nikolaus Heidelbach lebt in Köln. Seine Bilderbücher und Illustrationen wurden vielfach ausgezeichnet, für sein Gesamtwerk erhielt er den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises. Die von ihm ausgewählte und illustrierte Ausgabe der >Märchen der Brüder Grimm< von 1995 ist ebenso gefeiert wie seine 2004 erschienene Ausgabe der Märchen von Hans Christian Andersen. Bei DuMont veröffentlichte er zusammen mit Wiglaf Droste und Vincent Klink die Bände >Wurst< (2006), >Weihnachten< (2007), >Wein< (2008), >Wild< (2010), >Gemüse< (2011) und >Liebe< (2012). Außerdem erschien hier >Gelegenheit zu einer kleinen Verzweiflung< (2009), eine Sammlung von Geschichten von Franz Kafka, ausgewählte und illustriert von Nikolaus Heidelbach Vincent Klink kocht in seinem mit einem Michelin-Stern geehrten Restaurant Wielandshöhe in Stuttgart-Degerloch und lässt sich im Fernsehen (>ARD-Buffet<, >Vincent Klinks Kochkunst<) in die Töpfe schauen. Er gab unter anderem das kulinarische Jahrbuch >Rübe< bei Haffmans und >Cotta's Kulinarischen Almanach< heraus. 2009 erschien sein Buch >Sitting Küchenbull<. Bei DuMont veröffentlichte er zusammen mit Wiglaf Droste und Vincent Klink die Bände >Wurst< (2006), >Weihnachten< (2007), >Wein< (2008), >Wild< (2010), >Gemüse< (2011) und >Liebe< (2012).

Leseprobe

Premium Verum? – Ich bleibe beim Wein Den Zug von Leipzig nach Berlin verpasste ich um eine Minute, nun hatte ich eine Stunde geschenkte Zeit. Es war früher Abend, die Arbeit getan und die Laune viel zu gut, um über den Mehdornschurken zu grummeln – also hurtig los, auf ein Abwartegetränk. Das Bahnhofslokal hieß Gleis Irgendwas, wie solche Bümmse eben heißen. Schön war es nicht, eher praktisch und abwaschbar, aber geschenkt, ich wäre ja gleich wieder weg. Was sollte ich zu mir nehmen? Wasser? Davon gab es draußen genug; dieser Sommertag war so verregnet, nass und kalt, dass ein Erfrischungsgetränk wirklich nicht nötig war. Kaffee? Gern – aber in der Bahnhofskneipe? Ich mag meinen Magen, also nahm ich Abstand von dieser Idee. Und Teebeuteltee muss sowieso überhaupt nicht sein. Ich sah mich um. Alle Anwesenden, es handelte sich ausschließlich um Männer, hatten helles Bier vor sich stehen. Nicht, dass ich so etwas nicht schon einmal getrunken hätte. Nach dem Handballspielen oder der Sauna schmeckt es, und am Meer, zu Hering und Bratkartoffeln, ist es auch in Ordnung. Spätestens in meinem Jahr als Titanic-Redakteur in Frankfurt am Main aber war ich vorsichtig geworden: Bindingbrühe und „Aans is sischä – Lischä!“ hatten mich leiden lassen und einen Notwehrreim provoziert:In Frankfurt spült der Bahnhofsstricher nach dem Blow-Job stets mit Licher. Aber auch die kontemporäre Bierreklame tat alles, um Menschen Schmerzen am Kopf innen fühlen zu lassen. „Fassfrisch“ ist das Fußballwerbebier heutzutage, „Premium“ selbstverständlich sowieso, beziehungsweise wie im besonders schweren Fall Warsteiner sogar „Premium Verum“. Das bedeutet nichts, es sagt nicht das Geringste über die Qualität aus – „Premium“ heißen ist nur die vornehmste Pflicht aller Gülle, und „fassfrisch“ muss sie auch sein, aber hallo. Wer soll sich davon angesprochen fühlen, wenn nicht ein Köter: „Hasso fassfrisch! “Hasso trank ein Premium, Bumms, da fiel der Hasso um. Ich bat um die Weinkarte. Die Kellnerin sah mich amüsiert an und fragte: „Weiß oder rot? Trocken oder lieblich?“ Ich begriff den Grundfehler, der in meiner bloßen Frage lag, und sagte bescheiden: „Was Sie empfehlen. Rot und trocken vielleicht…?“ Ihr Blick bekam etwas Mitfühlendes. „Ist aber teuer. Vierfünfzig.“ Ich nickte ergeben, fügte mich in alles und bestellte auch noch eine „Riesenbockwurst“, die nur die Hälfte kostete. Inzwischen war alles so egal, dass ich mich schon wieder freute. Das Viertellitergebinde, das die Kellnerin mir formvollendet mit Papierserviettenhalskrause kredenzte, hieß „Terre Palladiane, Merlot Cabernet delle Venezie“. Ich starb nicht daran, es ging schon irgendwie durch den Speiseschlund den Weg aller Dinge. „Zonin“ stand noch auf der Kleinflasche; das klang wie: Extrakt aus der Zone, Überdosis Zone eben. Aber ich werde mich nicht beschweren, nicht darüber. Wer in der Bahnhofskneipe Wein bestellt, muss wissen, was er tut. Und entsprechend tapfer sein. Und duldsam und freundlich. Denn irgendwie ist es doch auch Wein, oder wenigstens etwas Weinähnliches, was man dort bekommt – und also allemal besser als ein Rattengift namens „Premium Verum“. Der Papst spricht fließend Lügenlatein, Ich aber bleibe liturgisch beim Wein. Wiglaf Droste