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Ein schönes Attentat

Roman

Erschienen am 04.02.2008
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783630872650
Sprache: Deutsch
Umfang: 350 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 22 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Politisch inkorrekt, provokant und zugleich voller Komik und Ironie: ein fulminantes Buch über den alltäglichen "Wahnsinn" im Nahen Osten unserer Tage Eitan Einoch, ein erfolgreicher Yuppie in einer Hightech-Firma in Tel Aviv, entgeht in kurzer Abfolge drei Attentaten und wird zur nationalen Berühmtheit. Er hat überlebt, aber sein Leben ist zerstört: Er wird von den Medien vereinnahmt, verliert Job und Freundin und begibt sich auf die Suche nach den Hintergründen für die Attentate. Dabei kreuzt sein Weg den eines Palästinensers - jenes Mannes, der für die Anschläge verantwortlich ist. Beide erzählen in diesem rasanten, tragikomischen Roman ihre Geschichte. Eitan Einoch ist jung und erfolgreich. Er hat eine feste Freundin, eine eigene Wohnung, einen kreativen Job: In einer Hightech-Firma in Tel Aviv arbeitet er an der Entwicklung von Computerprogrammen, die dabei helfen sollen, weltweit Zeit zu sparen. Als er eines Morgens mit dem Minibus zur Arbeit fährt, steigt ein verdächtig aussehender Mann zu. Aber nein, beruhigt er sich und den Sitznachbarn, man wird ja noch paranoid, wenn man in jedem Dunkelhäutigen einen Selbstmordattentäter vermutet. Trotzdem verspricht er dem Mann neben sich, dessen Freundin zu benachrichtigen, im Falle des Falles. Am Arbeitsplatz erfährt er es dann: Kurz nachdem er ausgestiegen ist, ging die Bombe hoch. Eitan ist verstört, er hat Schuldgefühle, und als er den Namen seines Sitznachbarn herausbekommt, macht er sich auf den Weg, sein Versprechen einzulösen - und entgeht kurz nacheinander zwei weiteren Attentaten. Rasch wird er zur nationalen Berühmtheit, tritt in Talkshows auf, erlebt aber auch, wie schnell die Liebe der Medien in Hass umschlagen kann, und bald entgleitet ihm das Leben, wie er es kannte, vollkommen. Fahmi Sabih liegt unterdessen im Krankenhaus und hadert mit seinem Schicksal. Alles hat ihm sein Bruder beigebracht: wie man Bomben baut, welche Ziele man auswählt, auch dass die Rache gegen diejenigen, die einem Land und Lebensmöglichkeit nehmen, gerechtfertigt ist. Und jetzt fragt er sich: Warum überlebt dieser eine Mann all seine Anschläge? Während draußen Demonstranten fordern, den Terroristen nicht zu behandeln, rekapituliert er sein Leben, darunter auch die Begegnung mit Eitan Einoch.

Leseprobe

1 Ich stieg in den kleinen Neuner, wie jeden Morgen auf dem Weg in die Arbeit. Der kleine Neuner ist ein Sammeltaxi von der Größe eines Minibusses, das die Strecke der Buslinie Nr. 9 fährt. Eigentlich ist er eine Kreuzung zwischen Autobus und Taxi. Man hat den Vorteil beider Welten - die feste Strecke und den billigen Fahrpreis vom Bus sowie die Schnelligkeit und Flexibilität eines Taxis. Seit den Anschlägen fahre ich nur noch mit dem kleinen Neuner zur Arbeit hin und zurück. Auch wenn der Bus Nr.9 vor dem kleinen Neuner an der Haltestelle eintrifft, lasse ich ihn passieren. Ein Autobus ist ein zu leichtes Ziel für einen Terroristen. Ich weiß nicht, ob ich wirklich so denke, aber Dutschy hat es mich schwören lassen. Ich dachte immer, der kleine Neuner würde nie das Ziel eines Anschlags. Erstens sind nur zehn Personen drin, elf mit dem Fahrer. Zweitens gibt es nur eine Tür vorn, und der Fahrer, der sie für alle öffnet und schließt, kann ja genau sehen, wer einsteigt. An jenem Tag stieg ich an der üblichen Stelle ein. Es war gegen neun Uhr morgens. Eine grelle Wintersonne hing am transparenten Himmel, und nasse Blätter bedeckten die Allee. Wir befanden uns auf der Diezengoffstraße, als sich eine alte Frau an mich wandte: »Sagen Sie, finden Sie den nicht verdächtig?« Ihre Augen wiesen auf einen jungen Mann, ein dunkler Typ. Er hatte eine graue Wollmütze auf und einen Kleidersack dabei. Ich sagte zu ihr: »Jetzt übertreiben Sie mal nicht. Er schaut ganz normal aus.« Doch ich sah ihn weiter an. Ich dachte daran, dass sie es gerade mit Sprengstoffgürteln hatten. Bestimmt war ein solcher Gürtel ziemlich dünn, denn man trug ihn um den Körper. Es konnte also sein, dass sich in dem Kleidersack, den er hielt, kein Anzug, sondern ein Sprengstoffgürtel befand. Trotzdem sagte ich zu der alten Frau: »Alles in Ordnung. Keine Sorge.« Sie bedachte mich mit einem säuerlichen Blick und wandte sich an einen anderen jungen Mann, der neben ihr saß. Wir saßen im hinteren Bereich, und der Mann, der ihr verdächtig vorkam, saß vorn. Die alte Frau flüsterte ihrem Nachbarn etwas zu, der daraufhin in die Richtung des Verdächtigen blickte und eine Sekunde später mit verneinender Geste abwinkte. Jetzt war ich mir sicher. Bloß eine Paranoide. Warum waren sie alle so paranoid in diesem Staat? Durften jetzt dunkelhaarige Männer schon nicht mehr in den Bus einsteigen? Jemand im Funkgerät beschwerte sich, dass heute eine Grabesstille wie auf dem Friedhof herrsche. Im Radio sprachen sie über einen Anschlag im Wadi Ara. Die Fahrgäste hörten still zu. Danach kam ein Lied, ich weiß nicht mehr, welches. Ecke Jabotinskystraße stieg die alte Frau aus. Sie verließ sich nicht auf unsere Einschätzung. Beim Aussteigen warf sie einen langen Blick auf den dunklen Typen mit dem Kleidersack und der Wollmütze. Er schaute zurück. Ich hatte in diesem Moment nicht den Eindruck, dass sein Blick irgendetwas besagte. Wenn ich gedacht hätte, dass da irgendwas dran sein könnte, dass ich zur Sicherheit vielleicht besser auch aussteigen sollte, so verwarf ich es sofort. Ich hatte keine Zeit für übermäßige Sicherheit. Vielleicht wäre ich ausgestiegen, wenn ich ein paar Minuten totzuschlagen gehabt hätte, hatte ich aber nicht. Wer hat die schon? Der andere junge Typ sagte zu mir: »Die Leute sind gestresst, was?« Er hatte ein Ziegenbärtchen und trug eine große, silbrige Sonnenbrille. Seine Haare waren honigfarben, mit viel Gel nach hinten gesträhnt. Garantiert cool, seiner Ansicht nach. Ein hübsches Lächeln. Giora. Inzwischen weiß ich es. Giora Gueta aus Jerusalem. Ich weiß eine Menge Dinge jetzt. »Was für eine Paranoia. Die Leute sind komplett wahnsinnig«, bemerkte ich. Nach ein paar Sekunden sagte er: »Du meinst, er ist in Ordnung, oder?« Ich blickte wieder zu dem Dunkelhaarigen vor. Ich war mir nicht sicher. Wer konnte denn sicher sein? Aber ich erwiderte: »Doch, kein Problem.« Giora und ich sahen hinaus, jeder aus seinem eigenen Fenster. Winter, aber sonnig. Ich Leseprobe